Die Automatic-Systeme Dreher GmbH ist ein führender Systemlieferant für Automationslösungen im Bereich umformtechnischer Fertigungsprozesse. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Sulz am Neckar und ist mittelständisch geprägt. Ebenso innovativ, wie DREHER Automation durch seine Produkte und Dienstleistungen die Fertigungsprozesse seiner Kunden optimiert, wurde Anfang 2020 mit dem Aufbau eines unternehmensweiten Wissensmanagement begonnen.
Dabei unterstreicht DREHER Automation insbesondere für den technischen Kundenservice die Relevanz, alle maschinenbezogenen Informationen über den gesamten Produktlebenszyklus zentral zugänglich zu machen – von der Angebotserstellung bis hin zu den Serviceberichten (digitale Maschinenakte). Durch die konsequente Nutzung von Softwarelösungen zur Wissenserfassung seitens der Mitarbeitenden, wird aktuell schrittweise eine unternehmensweite Wissensdatenbank mit Inhalten gefüllt. Der Grundgedanke hierbei ist, jegliche Form von geschäftsrelevantem Wissen, wie z. B. individuelles Erfahrungswissen, technische Zeichnungen und Parameter, Kundenvereinbarungen, Serviceberichte oder Einarbeitungsmappen für neue Mitarbeitende in einer maschinenlesbaren Form an einem zentralen Ort zu sammeln und mittels einer intelligenten Suchfunktion treffsicher wieder auffindbar zu machen. Ziel von DREHER Automation ist es eine Softwarelandschaft ohne sichtbare Systembrüche aufzubauen, in der alle Informationen zentral zusammenfließen und die Wissensgenerierung sowie Auffindbarkeit von Wissen „in the workflow“ so einfach wie möglich gestaltet ist. Damit sollen Insellösungen vermieden und Wissensfluktuation vorgebeugt werden, was letztendlich u.a. zu einem optimalen Kundenservice und einer Entlastung der eigenen Mitarbeitenden führt.
Text: Maximilian de Geus & Lucas Kellenbenz, HTWG Konstanz (Stand: Februar 2024)
VORHER
Bei der Automatic Systeme Dreher GmbH existierte, basierend auf der Komplexität der Sondermaschinen, vor Projektbeginn bereits eine Unmenge an spezifischem Wissen, was je nach Unternehmensbereich in unterschiedlicher Form, jedoch meist analog in Ordnern bzw. mit einem geringen Digitalisierungsgrad mittels PDF-, Excel- oder Word-Dateien, dokumentiert wurde. Darüber hinaus verfügte jeder einzelne Mitarbeitende über großes Erfahrungswissen, welches aber nur in Form von Kopfwissen vorlag. Ein zentraler Ort innerhalb der digitalen Unternehmensinfrastruktur, an dem das Wissen dokumentiert werden konnte, gab es nicht. So wurden im Bereich des technischen Service vor Projektbeginn Serviceberichte beim Kunden in der Regel händisch und oftmals auf Grund einer zeitverzögerten Verschriftlichung nicht immer vollständig dokumentiert. Berichte zu telefonisch gelösten Servicefällen wurden darüber hinaus gar nicht erfasst. Die nicht einheitliche Art der Dokumentation zwischen den einzelnen Abteilungen und der niedrige Digitalisierungsgrad des Wissensmanagements erschwerte somit eine schnelle und treffsichere Auffindbarkeit von benötigten Informationen im Unternehmen. Die unzureichende Informationslage führte u. a. zu langen Servicezeiten und begrenzte nicht zuletzt den effizienten Einsatz des Servicepersonals.
Ein weiterer Aspekt, welcher eine Veränderung der bisherigen Prozesse notwendig machte, ist der andauernde Fachkräftemangel und der damit verbundene Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern um die besten Nachwuchskräfte. Dabei gestaltet es sich zunehmend schwierig Nachwuchskräfte insbesondere für Berufe mit hoher Reisetätigkeit, wie bspw. im technischen Service, zu begeistern. Ein umfangreiches Wissensmanagement soll nun dabei helfen, die Anzahl notwendiger Servicereisen zu reduzieren, um den Mitarbeitenden auch im technischen Service eine bessere Work-Life-Balance bieten zu können.
Unter dem Eindruck dieser multiplen Herausforderungen wurde die Automatic-Systeme Dreher GmbH auf ein Forschungs- und Transferprojekt namens SerWiss aufmerksam, dass vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und von der Europäischen Union kofinanziert werden sollte. Neben zwei wissenschaftlichen Partnern wurde DREHER Automation mit einem weiteren Maschinen- und Anlagenbauer, einer Unternehmensberatung für Wissensmanagement und einem namhaften Softwaredienstleister Anfang 2020 Teil des Projektteams.
Dabei war insbesondere das greifbar machen der Potentiale von Wissensmanagement im Sondermaschinenbau für alle Projektpartner in der ersten Projektphase eine große Herausforderung. Nichtsdestotrotz konnte der Anwendungspartner mit der Unterstützung des Projektkonsortium im Laufe des Projektes eine richtungsweisende Vision für ein unternehmensweites Wissensmanagement entwickeln. Ein großes Augenmerk lag hier auf der Implementierung einer unternehmensweiten wissenzentrierten Arbeitsweise, die eine umfangreiche Beteiligung der Belegschaft am Veränderungsprozess notwendig machte.
MITTENDRIN
Die Automatic-Systeme Dreher GmbH startete zu Beginn des Projektes mit einer ca. einjährigen Evaluierungsphase, um Budgets zu definieren, Ist-Prozesse zu analysieren, Methodik-Training zu durchlaufen und Soll-Prozesse abzuleiten. Dabei wurde festgestellt, dass sowohl Entwicklungsbedarf im Bereich der Methodik als auch im Bereich der Softwareinfrastruktur bestand und sich beides gegenseitig bedingte.
Der finale Plan für das softwareseitige Wissensmanagement sieht nun nach Projektabschluss den Aufbau einer IT-Infrastruktur vor, welche ERP, CRM, Field Service Management und Dokumentenablage effizient zusammenfließen lässt. Neben dem Erstellen der geplanten IT-Infrastruktur wurde ein Projektablaufplan und entsprechende Meilensteine definiert, um die notwendigen Ressourcen über die Projektlaufzeit besser abschätzen und einsetzen zu können.
Um eine fundierte Expertise aller Abteilungen mit in die Entscheidungsprozesse einzubinden, wurden außerdem im Bereich des methodischen Wissensmanagements aus allen Abteilungen Leistungs- bzw. Meinungsführer ausgewählt und eine Fokusgruppe aufgebaut, die vereinfacht die Organisationsstruktur des Unternehmens abbildet. Schließlich ist es für den Erfolg des Veränderungsprozesses besonders wichtig alle Betroffenen ausreichend abzuholen und zu Beteiligten zu machen, in dem u. a. durch verschiedene Workshops und Meetings die Chancen und Potentiale einer wissenszentrierten Arbeitsweise aufgezeigt werden. Im Prozess war es notwendig aktiv auf Widerstände einzugehen und Bedenken bzw. Zweifel frühzeitig auszuräumen.
Für die Umsetzungsphase des gesamten Projektes unterstreicht DREHER Automation den großen Stellenwert von transparenter Kommunikation in alle Richtungen. Zum einen ist die Kommunikation zu relevanten Entscheidungsträgern essenziell, um die notwendige Unterstützung zu erhalten und zum anderen müssen die betroffenen Mitarbeitenden im Veränderungsprozess aktiv begleitet werden. Da gerade im Bereich des Wissensmanagement die Mitwirkung aller Stakeholder über den Erfolg eines Projektes entscheiden, muss dem Change-Management insgesamt eine hohe Priorität eingeräumt werden.
Als ein Learning aus dieser Zeit betont die Projektleiterin Julia Fischer:
„Das Projekt beschreibt einen Kulturwandel des gesamten Unternehmens hin zum wissenszentrierten Arbeiten und nicht nur die Implementierung einer IT-Infrastruktur zum Wissensmanagement.“
Mittlerweile sind die ersten großen Meilensteine erreicht und ein großer Teil der für das Wissensmanagement notwendigen Software bereits im Einsatz. In Q2 2024 soll die vollumfängliche Implementierung der für das Wissensmanagement notwendigen Software abgeschlossen sein. Neben einer völlig neuen und erstmalig im Unternehmen vorhanden Form der IT-unterstützten Wissenserfassung und ‑verwaltung werden dann auch alle administrativen Prozessschritte im Bereich Service, wie z.B. Dienstreisen- und Urlaubsplanungen, digital verarbeitet. Gerade durch die digitale Spesenabrechnung konnten bereits heute beachtliche Ressourceneinsparungen in der Administration erreicht werden. Im letzten Schritt wird jetzt die digitale Maschinenakte implementiert und die bereits digital erstellten Serviceberichte diesen Akten automatisch zugeordnet.
NACHHER
Zum aktuellen Zeitpunkt (Q1 2024) befindet sich das Projekt am Ende der Implementierungsphase. Die Mitarbeitenden sind mit der Software vertraut und werden dazu angehalten neue Informationen digital über das System zu erfassen.
„Das Forschungs- und Transferprojekt SerWiss war ausschlaggebend für den Anstoß, ein unternehmensweites Wissensmanagement aufzubauen. Die Kombination aus Wissenschaft und Praxis hat dabei maßgeblich zur Zielerreichung beigetragen und die Umsetzung vorangetrieben. Wir haben gegenseitig viel voneinander gelernt und gemeinsam eine innovative, aber auch praxistaugliche Lösung vorangebracht.“
Ohne die Zusammenarbeit mit dem Projektkonsortium hätte die Automatic-Systeme Dreher GmbH diesen ganzheitlichen Ansatz zum Wissensmanagement wohl nicht verfolgt und hätte sich mit großer Wahrscheinlichkeit nur auf einzelne Optimierungen beschränkt.
VISION
Die klare Vision der Automatic-Systeme Dreher GmbH ist es, nach der erfolgreichen internen Implementierung des unternehmensweiten Wissensmanagements, das gesammelte Wissen mittels digitaler Geschäftsmodelle zukünftig auch zu monetarisieren (Knowledge-as-a-Service). Diese Monetarisierung soll schrittweise von der Zurverfügungstellung der digitalen Maschinendokumentation, über die Bereitstellung der gesamten digitale Maschinenakte bis hin zum Kundenzugriff auf das eigene Wissensmanagementsystem erfolgen. Die Monetarisierung könnte dabei in Form eines Wartungsvertrages bzw. eines Abo-Modells umgesetzt werden.
Die geplanten digitalen Dienstleitungen des mittelständischen Maschinen- und Anlagenbauers fallen unter den Begriff des Self-Service und sollen ebenfalls zu einer effizienteren Nutzung der Ressourcen und zur Reduzierung von Dienstreisen für die eigene Belegschaft führen. Daraus resultierend können Servicezeiten zu Gunsten des Kunden weiter verkürzt und die Attraktivität des Berufsfelds Service in Zeiten des Fachkräftemangels weiter gesteigert werden.
Branche
Maschinen- und Anlagenbau
Homepage
www.dreher.de
Adresse
Automatic-Systeme Dreher GmbH
Karl-Drais-Straße 1
72172 Sulz am Neckar
Kontakt
Julia Fischer
Corporate Communications and Sales
Telefon: +49 7454 881-0
E-Mail : info@dreher.de
Mitarbeitende
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Gründung
1968