FAIBRICS: Smarte Qualitätskontrolle mit KI

Marie Weedermann und Janine Weigele kennen sich seit dem Studium. Die beiden absolvierten den Masterstudiengang Textil- und Bekleidungsmanagement an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen und stießen im Rahmen eines Projektes auf das Thema der digitalen Qualitätskontrolle durch KI. Sie entwickelten das digitale Qualitätskontrollsystem seamguard, das insbesondere für die technische Textilindustrie von hoher Relevanz ist – eine Branche, die Produkte für die Bereiche Sicherheit, Medizin, Heimtextilien, Mobilität und Sport herstellt.

An den Nähmaschinen hat sich seit Jahrzehnten nichts Wesentliches verändert und viele Prozesse sind nicht digitalisiert. Der Nähprozess selbst erfolgt häufig unter strengen Zeitvorgaben und der anschließende Kontrollprozess, der nahezu immer manuell und strichprobenartig erfolgt, kostet viel Zeit. Das Resultat ist, dass defekte Textilien häufig unentdeckt bleiben. Dies wiederum erhöht den Bedarf an Nachproduktionen, was – so Weedermann – zu Umsatzeinbußen und zusätzlichen Kosten für das Unternehmen führen kann. Die Folge sind unzufriedenstellende Produktqualitäten, Reklamationen und im schlimmsten Fall Kundenverluste.

Hier setzt die innovative Idee von FAIBRICS an: Die Nahtkontrolle verläuft parallel zum Nähprozess und ermöglicht eine durchgängige Digitalisierung der Qualitätskontrolle. Zur Entwicklung ihrer Geschäftsidee wurden sie durch das EXIST-Gründerstipendium sowie das Junge-Innovatoren-Stipendium des Landes Baden-Württemberg finanziell unterstützt.  Nach zwei Jahren intensiver Entwicklungsarbeit konnte FAIBRICS schließlich mit dem seamguard an den Markt gehen.

Das erste zentrale Hindernis für die beiden Gründerinnen und Geschäftsführerinnen lag in den strukturellen Voraussetzungen vieler Textilunternehmen. In zahlreichen Betrieben fehlen bislang ganzheitliche Digitalisierungsstrategien; Prozesse sind häufig nur unzureichend digital abgebildet und relevante Produktionsdaten werden nicht systematisch erfasst oder dokumentiert. Dadurch mangelt es an Transparenz entlang der Prozess- und Qualitätskette, was den Einsatz digitaler Technologien erschwert.

Weedermann und Weigele erkannten früh, dass der Einsatz des seamguard-Systems in vielen Textilunternehmen an grundlegende digitale Voraussetzungen geknüpft ist. Da Prozessdaten häufig nicht oder nur fragmentiert erfasst werden, ist vor der Integration der digitalen Nahtkontrolle zunächst Transparenz über bestehende Produktionsabläufe und Datenstrukturen erforderlich. Die Einführung des Systems setzt daher eine enge Abstimmung mit den Unternehmen voraus, um eine technisch saubere Implementierung an den Nähmaschinen sowie eine zuverlässige Datenerfassung sicherzustellen. Ziel ist es, den seamguard nahtlos in bestehende Produktionsumgebungen zu integrieren und so eine kontinuierliche, automatisierte Qualitätskontrolle zu ermöglichen.

Die Gründerinnen haben aus dem ersten Jahr wertvolle Erfahrungen gewonnen. Marie Weedermann betont, dass Flexibilität und Anpassungsfähigkeit für ein Kleinstunternehmen entscheidend sind – besonders in einer traditionell geprägten Branche. Gleichzeitig sehen Weedermann und Weigele großes Potenzial in ihrer Zielgruppe und möchten sich gezielt auf den europäischen Markt konzentrieren, um das Unternehmen Schritt für Schritt erfolgreich auszubauen.

Weedermann empfiehlt anderen Unternehmen, die Anforderungen, Wünsche und Bedarfe ihrer Kundengruppen genau zu beobachten und diese Erkenntnisse von Anfang an in die Produktentwicklung einzubeziehen. Außerdem sei es hilfreich, regelmäßig aus dem eigenen Themenkreis und Tagesgeschäft auszubrechen, um neue Impulse für das Unternehmen zu gewinnen.

FAIBRICS zeigt mit seiner digitalen Qualitätskontrolle von Nähten, wie digitale Lösungen die Transparenz und Effizienz in der Textilproduktion erhöhen können. Darüber hinaus beweist das Startup, dass zwei Jungunternehmerinnen mit Mut, Know-how und Offenheit gegenüber Digitalisierung und KI große Veränderungsprozesse in Industrieunternehmen anstoßen können.