Brauerei Clemens Härle setzt seit Jahrzehnten auf Nachhaltigkeit

Gottfried Härle und Esther Straub sind Geschäftsführer der Brauerei Clemens Härle in Leutkirch im Allgäu. Unter anderem durch die Festlegung auf Regionalität und Natürlichkeit haben sie den Handwerksbetrieb zur größten Bio-Bier-Brauerei in Baden-Württemberg weiterentwickelt. In drei Bereichen gab es bedeutende Umstellungen auf erneuerbare Energien: die Installation einer Holzfeuerungsanlage für die Wärmeerzeugung, die Nutzung von Ökostrom am Brauerei-Standort und der Einsatz von E-Fahrzeugen im Fuhrpark. Seit den Umstellungen werden jährlich insgesamt knapp 1.000 t des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 eingespart. Durch diese und weitere Nachhaltigkeits-Projekte gewann die Brauerei Clemens Härle in den letzten 30 Jahren zahlreiche Auszeichnungen sowie Preise und wurde zum Nachhaltigkeits-Vorreiter in der Region.

Text: Lerche, itb (Stand: Oktober 2023)

Abbildung 1 Logo © Brauerei Clemens Härle
Abbildung 3 Gottfried Härle und Esther Straub © Brauerei Clemens Härle
Gottfried Härle und Esther Straub © Brauerei Clemens Härle

Die Brauerei Clemens Härle wurde 1897 in Leutkirch im Allgäu gegründet. Heute leiten Gottfried Härle (4. Generation) und Esther Straub (5. Generation) den Handwerksbetrieb gemeinsam und haben ihn mit nachhaltigen Ideen zur größten Bio-Bier-Brauerei in Baden-Württemberg weiterentwickelt. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit begann bereits Ende der achtziger Jahre, als Gottfried Härle ins Unternehmen einstieg. Er war geprägt vom Club of Rome-Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ und nicht bereit, seine persönlichen Werte an der Brauerei-Tür abzugeben. Es folgten unkonventionelle, aber erfolgreiche Grundsatz-Entscheidungen, wie z.B. die Festlegung auf Regionalität und Natürlichkeit. Die regionale Verankerung beim Einkauf der Zutaten und beim Verkauf der Biere begrenzt zwar einerseits die eigenen Möglichkeiten, sichert aber andererseits auch kurze Transportwege und verringert somit Kraftstoffverbrauch und Emissionen. Darüber hinaus war und ist die Nähe zu Bauern und Wirten die Basis für vertrauensvolle und direkte Geschäftsbeziehungen. Die Beschränkung auf natürliche Zutaten und Verfahren führt zwar zu höheren Kosten, längeren Herstellungsprozessen und kürzerer Haltbarkeit, verbessert aber auch die Bierqualität. Über die Entscheidungen für Regionalität und Natürlichkeit hinaus gab es in den letzten 30 Jahren zahlreiche weitere Nachhaltigkeits-Schritte, wie z.B. das Brauen von Bio-Bier aus rein ökologischen Rohstoffen, die Veröffentlichung der Ökobilanz und den Verzicht auf Alu-Halsfolien an den Flaschen. Bei Nachhaltigkeits-Labels sind Gottfried Härle und Esther Straub aber insgesamt eher vorsichtig – zu gering sei meist deren Aussagekraft und Vergleichbarkeit in Zeiten von Green-Washing. So wurden von der Brauerei Clemens Härle zwar „namhafte“ Meilensteine wie die CO2-Neutralität und die Unterzeichnung der WIN-Charta erreicht, aber Ausgangspunkte für die Motivation, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit überhaupt zu beschäftigen, waren sie nie. 

Aus Gründen der Übersichtlichkeit liegt in der weiteren Betrachtung der Fokus auf den erneuerbaren Energien und deren Einzug in die Brauerei Clemens Härle.

Abbildung 4 Holzhackschnitzel © Brauerei Clemens Härle
Holzhackschnitzel © Brauerei Clemens Härle

Wärme

Beim Bier-Brauen wird viel Wärme benötigt. Als 2008 die alte Ölfeuerung ersetzt werden musste, die jährlich ca. 120.000 Liter Heizöl verbrauchte, war das ein Großprojekt. Gottfried Härle entschied sich bei der neuen Feuerung bewusst gegen fossile Energieträger und für Holzhackschnitzel. Diese Variante ist CO2-neutral und regional, weil die Holzhackschnitzel von Landwirten aus der unmittelbaren Nachbarschaft bezogen werden. Die neue Holzfeuerungsanlage hat eine Kapazität von knapp 800 kW und kann neben der Brauerei noch sechs weitere Gebäude am Rande des Betriebsgeländes mit Wärme versorgen. Für das Gesamtpaket aus Hackschnitzelheizung, Gebäude, Containern und Förderbändern fielen drei Monate Bauzeit und Kosten in Höhe von 1.200.000 Euro an. Eine vergleichbare Gas-Heizung hätte lediglich ein Viertel davon gekostet. Gottfried Härle hat bei der Entscheidung aber nicht an die kurzfristige Amortisation, sondern an die nächste Generation gedacht.

Abbildung 5 PV-Anlage © Brauerei Clemens Härle
PV-Anlage © Brauerei Clemens Härle

Strom

Zwischen 2001 und 2023 wurden insgesamt sechs PV-Anlagen auf den Dächern der Brauerei Clemens Härle installiert. Damit konnte der selbst erzeugte Strom schrittweise auf ca. 100.000 kWh pro Jahr ausgebaut werden. Das entspricht einem Anteil von ca. 30 % des Gesamtstrombedarfs am Brauerei-Standort. Der restliche Strom wird zugekauft, aber nicht irgendwo: Seit 2009 bezieht der Handwerksbetrieb für die gesamte Brauerei ausschließlich Öko-Strom, d.h. Strom aus den erneuerbaren Energiequellen Wasser, Sonne, Wind und Biomasse.

Fuhrpark

Neben den thermischen und elektrischen Energien, die direkt für den Brauerei-Standort benötigt werden, ist die Energie, die für den Fuhrpark benötigt wird, für die Nachhaltigkeitsstrategie der Brauerei von besonderer Bedeutung. 2012 wurde damit begonnen, die PKW-Flotte auf Elektrofahrzeuge umzustellen. Mittlerweile stehen bereits vier E-Autos für Außendienstmitarbeiter und Servicetechniker zur Verfügung. Das entspricht 50 % der PKW-Flotte – Tendenz steigend. 2023 wurde darüber hinaus der erste E-LKW mit 18 t Gesamtgewicht angeschafft.

Abbildung 6 E-LKW © Brauerei Clemens Härle
E-LKW © Brauerei Clemens Härle

Es handelt sich dabei auch um einen der ersten E-LKWs überhaupt, die für den Getränketransport eingesetzt wurden. Ein besonderer Vorteil der Brauerei ist hierbei der regionale Vertrieb innerhalb von Baden-Württemberg, bei dem die Reichweiten-Begrenzung der Fahrzeuge nicht ins Gewicht fällt. Daher wundert es nicht, dass der zweite E-LKW bereits bestellt wurde (Lieferzeit ca. 2 Jahre) und weitere sukzessive folgen sollen. Bis dahin werden die klimaschädlichen Emissionen, die durch den Vertrieb der jährlich 4,2 Mio. l Bier und Erfrischungsgetränke verursacht werden, über die Non-Profit-Organisation „atmosfair“ kompensiert. Dafür wird der exakte CO2-Ausstoß des eigenen Fuhrparks, aber auch der von Getränkehändlern und Speditionen ermittelt. Pro t CO2 fließen dann 23 Euro in weltweite Klimaschutzprojekte – insgesamt ca. 8.000 Euro pro Jahr. Der ganzheitliche Fuhrpark-Ansatz des Handwerksbetriebs wird u.a. dadurch abgerundet, dass 2017 für knapp 50 % der Mitarbeitenden betriebliche E-Bikes angeschafft und für den Weg zur Arbeit zur Verfügung gestellt wurden.

Die beschriebenen Umstellungen auf erneuerbare Energien liegen teilweise schon ein paar Jahre zurück. Und das Ergebnis kann sich definitiv sehen lassen: Durch die Umstellung werden jährlich insgesamt knapp 1.000 t des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 eingespart. Davon entfallen ungefähr je 1/3 auf die Holz-Feuerung, die PV-Anlagen und die E-Fahrzeuge. Die Brauerei Clemens Härle ist durch diese und viele weitere Aktivitäten seit Jahrzehenten ein Vorreiter-Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit. Das belegen die zahlreichen Nachhaltigkeits-Auszeichnungen und -Preise. Laut Esther Straub wird das nachhaltige Gesamtkonzept aber auch von der Kundschaft sehr geschätzt. Ein Marketing-Nutzen ist definitiv gegeben, auch wenn dieser für die Geschäftsführerin nicht die Motivation, sondern ein schöner Nebeneffekt ist. Besonders zu erwähnen ist, dass fast alle kleinen und großen Nachhaltigkeits-Projekte erfolgreich waren. Der einzige kleine Rückschlag, der Esther Straub in Erinnerung geblieben ist, war die Bio-Diesel-Nutzung. Diese wurde nach einigen Jahren wieder eingestellt, weil die regionale Herkunft des Bio-Diesels entgegen vorangegangenen Zusagen nicht sichergestellt war. Für Gottfried Härle und Esther Straub gibt es keinen Zweifel: Der eingeschlagene Nachhaltigkeits-Weg war und ist der richtige Weg für die Brauerei Clemens Härle – und die nächsten Schritte sind schon in Vorbereitung. Weil bereits alle Brauerei-Dächer mit PV-Anlagen belegt sind, sondiert Esther Straub derzeit eine neue Form der Zusammenarbeit mit benachbarten Landwirten. Ziel ist es, eine Agri-PV-Anlage zu installieren, die eine Doppelnutzung der Feldflächen ermöglicht: Rinder- oder Hühnerhaltung am Boden und PV-Elemente in der Luft.

Neben den Aspekten der ökologischen Nachhaltigkeit, die in dieser Beschreibung im Mittelpunkt stehen, ist die Brauerei auch im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit sehr aktiv. Die 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (50 Vollzeit-Äquivalente) profitieren von zahlreichen freiwilligen Zusatzleistungen. Besonders hervorzuheben ist die Unterstützung von Geflüchteten durch Werkswohnungen, Sprachkurse sowie Begleitung bei Behörden- und Arztgängen. Aber auch außerhalb des eigenen Unternehmens setzt sich die Geschäftsführung für Fachkräfte ein, z.B. durch aktive Beteiligung bei der Unternehmerinitiative „Bleiberecht für Geflüchtete in Ausbildung und Arbeit“.

Abbildung 7 Heimdienst © Brauerei Clemens Härle
Heimdienst © Brauerei Clemens Härle

Rund um die 15 Biersorten bietet die Brauerei Clemens Härle produktbegleitende Dienstleistungen an. Bei einer „Brauereibesichtigung“ kann neue, aber auch bestehende Kundschaft den Braumeistern über die Schultern sehen und den nachhaltigen Handwerksbetrieb genauer kennenlernen. Dieses besondere Erlebnis kann online gebucht werden und beinhaltet neben der Brauerei-Führung auch ein Freibier im Brauereigasthof Mohren. Privatkundinnen und -kunden, die bereits auf den Geschmack gekommen sind, können sich mittels des „Heim-Dienstes“ die Bierspezialitäten nach Hause liefern lassen. Diese Dienstleistung lässt sich ebenfalls einfach online buchen, sofern sich das eigene Heim nicht weiter als 30 km von Leutkirch entfernt befindet. Für größere Veranstaltungen wird darüber hinaus ein „Festservice und Verleih“ angeboten. In diesem Rahmen können sich Kundinnen und Kunden neben den Getränken auch umfangreiches Inventar liefern lassen, wie z.B. Ausschank-Pavillons, Kühlanhänger, Klappgarnituren sowie Gläser. Und dieser Service kommt nicht allein: Vorab gibt es eine Beratung und während des Festes eine Ansprechperson, die rund um die Uhr für Rückfragen erreichbar ist.

Branche

Brauerei-Handwerk

Homepage

www.haerle.de

Adresse

Brauerei Clemens Härle KG
Am Hopfengarten 5
88299 Leutkirch im Allgäu

Kontakt

Esther Straub
Geschäftsführerin
Telefon: 07561 / 98280
E-Mail: info@haerle.de

Mitarbeitende

Ca. 80 (50 in Vollzeitäquivalenten)

Gründung

1897